| Du kommst heim von der langen, anstrengenden Reise
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| Schließt die Wohnungstür auf, gehst in die Küche und machst leise
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| Das Radio an, läßt dich auf einen Stuhl fall‘n ganz benommen
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| Du bist noch gar nicht so richtig angekommen
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| Du blätterst in der Post, der Radiomann verspricht den Kids
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| Gebetsmühlenartig die größten Hits
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| Und die coolsten Oldies der letzten 200 Jahre
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| Und sie dudeln dich zu mit der immer gleichen Meterware
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| Wie von Helsinki bis hinunter nach Kampala
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| Von links nach rechts über die ganze Radioskala
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| Und du merkst erst beim Verkehrslagebericht:
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| Dies ist das Land, in dem man angeblich deine Sprache spricht!
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| Doch du bist heimatlos
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| Belogen
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| Betrogen
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| Übern Tisch gezogen
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| Wie von ‘nem schwarzen Loch aufgesogen
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| Heimatlos
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| Abgezockt
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| Trocken gedockt
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| Schwer geschockt
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| In die Falle gelockt
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| Und wie ein Schaf an den Hinterbeinen angepflockt
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| Ein blödes Gefühl
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| Du findest kein Asyl
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| Du bist nackt und bloß
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| Heimatlos
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| Du beginnst im Stapel aufgestauter Zeitungen zu blättern
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| Und schon kommt das ganze Elend auf dich zu in großen Lettern
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| Und in den Fotos der Strahlemänner und der Schreibtischtäter
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| Der Amigos, der Schmarotzer und der Niemalszurücktreter
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| Du hast geglaubt, dem Sumpf für kurze Zeit entkommen zu sein
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| Doch mit der ersten Schlagzeile hol‘n sie dich alle wieder ein
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| Die Heuchler, die Umfaller, die Aussitzer und Ausgrinser
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| Die dunkle Konten Anleger und die Schwarzgelderverzinser
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| Hab‘n sie nicht alle laut und deutlich neulich noch vor aller Ohren
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| Allen Schaden vom Volk abzuwenden geschworen?
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| Und wieder hat das alte Vorurteil sich als richtig entpuppt:
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| Das ist nämlich gar kein Vorurteil: Macht macht sie wirklich korrupt
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| Du fühlst dich heimatlos…
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| Kein Aufschrei geht durchs Land, nur stilles Ducken, kein Aufmucken
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| Keiner geht mehr auf die Straße, nur ein müdes Achselzucken
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| Über Unterschlagung, Hinterziehung, Lügen und Skandale
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| Eine schlappe Spaßgesellschaft, ohne Moral und Ideale
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| Gib ihnen Brot und Spiele, das betäubt die Republik
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| Ein Bißchen Love-Parade, Schmuddel-TV und Volksmusik
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| Bißchen Unterleibskomik, bißchen nackten Hintern Zeigen
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| Und keiner hört mehr auf die Mahner und die Lästermäuler schweigen
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| Gib ihnen hohle Plastik-Idole, die durch ihren Alltag geistern
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| Und bunte Werbung, um ihnen die Augen zu verkleistern
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| Gib ihnen ihre Seifenoper und du hast sie in der Hand:
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| Heiterkeit und Lechz! |
| und Freizeit, danach strebt das Vaterland!
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| Und du bist heimatlos…
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| Du hängst deine ganze Hoffnung an den letzten ehrlichen Knochen
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| Und dann siehst du in den Nachrichten, der ist auch bestochen!
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| Für‘n Flugticket, ‘nen Opernball, für ein paar Pirouetten
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| Auf dem roten Teppich für ein Bild in den bunten Gazetten…
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| Du möchtest aufheul‘n vor Enttäuschung, ausrasten, stehst unter Schock
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| Doch die Leute sind echt gut drauf, hab’n mehr auf Comedy Bock
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| Und sie johl‘n, sie schlagen sich die Schenkel blutig vor Lachen
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| Und du spürst, du mußt dich schleunigst hier vom Acker machen
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| Aber du kannst nicht gleichgültig zusehn, wie sie das Volk bescheißen
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| Du hast lang genug geknurrt, jetzt kriegst du Lust, zu beißen!
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| Und wo wolltest du denn auch hin, wenn deine Wut verraucht?
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| Hier hast du lebenslänglich und hier wird dein Zorn gebraucht!
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| Du bist heimatlos…
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| Der Dax, der Dow Jones, der Euro, die Gewinnzahlen des Tages —
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