| Wir durften in den Laden damals ja noch gar nicht rein
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| Und wenn sie dich erwischten, gab es jede Menge Ärger
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| Ich sah grimmig aus und cool, um ‘n bisschen älter zu erschein‘
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| Vor dem Jazz-Tempel Augsburger Straße, Ecke Nürnberger
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| In meinem Ami-Parka lungerte ich rum vorm Notausgang
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| Manchmal kam jemand raus und ließ die Tür kurze Zeit offen
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| Und mit dem warmen Rauch, der nass und schwer ins Freie drang
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| Kamen Fetzen von Musik und ich stand wie vom Schlag getroffen
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| Ich kam fast jeden Abend, hab an der Eisentür gelauscht
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| Mal kam eine Bedienung raus, «Na, Kleiner, das könnte dir so passen!»
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| Und ich hab meine Briefmarkensammlung bei ihr eingetauscht
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| Dafür hat sie mich von der Garderobe aus zuhören lassen
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| Da spielten sie: Bob Whitlock, Bass, verzückt und selbstverlor‘n
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| Saxophon Gerry Mulligan, um den sich alles drehte
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| «Das Uhrwerk» Chico Hamilton, und mir klingt‘s heut noch in den Ohr‘n:
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| Der liebe Gott himself: Mister Chet Baker, Trompete!
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| Und wenn er spielte, dann war‘s als ob die Welt ringsum versank
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| Den Blick in sich gekehrt, ließ er die Melodien entstehen
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| In einem klaren, schwerelosen und lupenreinen Klang
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| Ich hielt den Atem an, mir sollte nicht ein Ton entgehen
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| Und er spielte noch genial, als er schon an der Nadel hing
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| Entzug, Rückfall, Entzug, das Leben ging ihm aus den Fugen
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| Und er spielte wie ein Engel, als er durch die Hölle ging
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| Und sie ihm bei ‘ner Keilerei alle Zähne ausschlugen
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| An Abenden wie heut, wenn ich ihn in alten Platten such
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| Will sich ein andres Foto durch die Hochglanzcover blenden:
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| Das Bild des Todgeweihten, um den Hals das weiße Tuch
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| Das silbern funkelnde Instrument in knöchernen Händen
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| Dann ist‘s, als setzte er‘s mit schmalen, blassen Lippen an
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| Als wenn ein Blues legato, federleicht vorüberwehte —
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| In Amsterdam verreckt nachts 3 Uhr 10 auf der Straße ein Mann
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| The God Father himself, Mister Chet Baker, Trompete |