Informazioni sulla canzone In questa pagina puoi trovare il testo della canzone Angst II, artista - Samsas Traum.
Data di rilascio: 02.06.2016
Linguaggio delle canzoni: Tedesco
Angst II |
Sie fragen mich, was Angst ist?\nAngst kann sehr vieles sein. Ich kann mich allerdings nicht mehr daran erinnern,\nwann ich das letzte Mal meine Angst in der Art gefühlt habe, wie ich sie in\nder Zelle nr.47 empfand. Wenn ich mir meine Aufnahmen von damals anhöre,\nhabe ich das Gefühl, dass zwischen mir und meiner Vergangenheit Welten liegen,\nWelten, von denen ich nur in den seltesten Fällen einen Eindruck erhaschen\noder eine Erinnerung behalten durfte. Das Einzige, was ich von damals mit ins\nHeute genommen habe, sind allen Anscheins nach die Zigaretten\nIch erinnere mich noch genau an die Worte von S., die er bei seinem einzigen\nBesuch im Suicide-Apartment äußerte: «Und das da ist die Ecke, in der dein\nGehirn hätte kleben sollen» — er deutete mit dem Zeigefinger auf die weiße\nBetonwand und grinste verlegen: «Keine Ahnung, mit diesem Haus stimmt etwas\nnicht. Das merkt man schon, wenn man durch den Flur mit dem kalten Licht geht.\n«- «Ja, du hast recht,» erwiderte ich und bekräftigte damit beide seine\nAussagen. Ich weiß nicht ob er mir damals meine Verwunderung über den Beweis\nseiner Empathie angemerkt hat, aber S. hat am frühen Nachmittag eines Tages im\nSommer 2002 ein einziges Mal jenes Bild gesehen, das jeden Abend vor meinen\nAugen aufgestiegen ist\nIch habe nicht damit gerechnet, dass ich dieses Haus jemals lebend verlassen\nwürde; ich habe gefühlt, dass es mich töten wollte. Selbst nach dem ein\nNachmieter gefunden und die Wohnung der Hausverwaltung übergeben worden war,\nzweifelte ich noch daran, dass ich es unbeschadet aus der Tür hinaus ins\nTageslicht schaffen würde\nIch habe mich ans Treppengeländer geklammert und bin Stufe für Stufe ganz\nlangsam und vorsichtig hinuntergegangen. Ich befürchtete, im letzten Moment zu\nstolpern und mir das Genick zu brechen. Als die Tür hinter mir ins Schloss\ngefallen war, wusste ich intuitiv, dass es mit meinem Leben noch bis zu einem\ngewissen Punkt weiter Berg ab gehen würde. Deshalb konnte ich mich nicht freuen\nIch habe mich bis zum heutigen Tag nicht mehr in die Nähe dieses Hauses getraut,\nobwohl es das Naheliegendste wäre, um meinen Erinnerungen auf die Sprünge zu\nhelfen\nGegenwart. Ich steige aus der Dusche und sehe mir im Spiegel dabei zu,\nwie ich vergeblich versuche, meinen struppeligen nassen Haaren eine Frisur zu\nverpassen, die auch nur ansatzweise gut aussieht. Das Augenpaar,\ndas mir aus dem Badezimmerspiegel entgegenblickt, kenn' ich ganz genau.\nIch habe in den letzten 500 Tagen unzählige Male in diese Augen geblickt und\nihre Blicke haben Bände gesprochen. Jennis holt mich aus dem Narrenkästchen\nzurück auf den Planeten Erde. Sie springt auf den Schrank neben dem Waschbecken\nund bettelt mit ihren Pfoten um meine Hände. Ich öffne das Badezimmerfenster\nund lasse neben der Katze eine Wolke heißen Wasserdampf hinaus ins Freie\nsteigen. Das Bad ist 100-prozentig angstfrei. Das einzige, was mich an Früher\nerinnert, sind die negativen Emotionen, die sich kurzzeitig in mir aufbäumen,\nals ich mit der kalten Luft zwangsläufig auch die geräusche anderer Menschen\nin meinen Lebensraum hineinlasse\nIch hasse es immer noch, die Anwesenheit von mir nicht geduldeter Lebewesen in\nmeiner Nähe ertragen zu müssen. Ich unterdrücke meinen Kurzweiligen\nmisanthropischen Ausbruch. Ich unterdrücke ihn, ich bewältige ihn nicht,\nich will ihn nie und ich werde ihn nie bewältigen können\nIn dem Wirtshaus, in dem wir uns gezwungenermaßen an diesem Abend befinden,\nsitzt uns am Tisch ein Ehepaar in den mittleren Jahren gegenüber,\ndas damit beschäftigt ist, salzige und vor Fett nur so triefende Nahrung in\nschmatzende Munde zu schaufeln. Der Mann zerreißt ein gebratenes Huhn mit den\nHänden und leckt sich die Finger ab. Die Frau schnappt hastig nach einer Gabel,\nauf der sich wässriger Krautsalat befindet. Die beiden erzählen uns stolz von\nihren Blutwerten und behaupten, dass man, wenn man mit der Nahrung zu viel Salz\naufnimmt, einfach mehr trinken müsse. «Ich trinke sowieso viel Bier,»\nsagt der Mann und beißt in seine Hühnerkeule. Ich kontrolliere kurz ein paar\nRegister in meinem Kopf und komme schließlich zu der Feststellung,\ndass er den Satz, den er eben sagte, todernst gemeint hat und von der\nRichtigkeit dessen Inhalts überzeugt war. In meiner Phantasie schreie ich den\nbeiden «Salz bindet das Wasser in den Zellen, verdammt noch mal!\n«und «Alkohol gilt nicht als Flüssigkeit!» ins Gesicht. In der Realität halte\nich meinen Mund und versuche, mir den Ekel, den die beiden in mir verursachen,\nnicht anmerken zu lassen. Auf ihren hochroten Köpfen bilden sich über den\nzusammengekniffenen Schweinsaugen die ersten kleinen Schweißperlen\nAngst beschleicht mich in dieser Situation lediglich in dem Augenblick,\nin dem ich mir eingestehen muss, dass diese beiden Menschen keinen blassen\nSchimmer davon haben, was in der Welt um sie herum passiert und dass sie die\nGrenzen ihrer Köpfe niemals überschreiten werden\nIm Bett beschleicht mich kurz ein Gefühl, das mich an Angst erinnert,\nich habe dieses Gefühl an diesem Ort oft empfunden, es war eine Form von Angst,\ndie ich vorher noch nicht kannte und die sich mittlerweile auf ein Minimum\nreduziert hat, beziehungsweise so gut wie gar nicht mehr vorhanden ist.\nIch habe den Eindruck, dass unter der Zimmerdecke negative Energie hängt,\ndie auf mich herabschaut. Sie wartet darauf, mich anfallen und auffressen zu\nkönnen. Ich weiß, dass es mir eines Tages gelingen wird, sie bis in alle\nEwigkeit aus diesem Raum zu vertreiben. Falls sie nicht schon längst fort ist\nIch missachte völlig, dass es sich bei ihr möglicherweise um meinen eigenen\nHass handeln könnte. «Eines Tages werde ich diese Haus abreißen lassen,»\ndenke ich müde. Ich zünde eine Kerze an und schlafe langsam ein.\nAm anderen Morgen muss ich mir eingestehen, dass ich nicht wirklich davon\nausgegangen bin, während der Nacht von einem Klumpen Antimaterie gefressen zu\nwerden\nDas Telefon klingelt. Wenn jemand so früh anruft, kann es sich nur um meine\nPlattenfirma handeln. «Hallo A., hier ist K. Ich habe dir etwas zu sagen!\nEtwas, das du noch nicht wusstest!» — «Ich bin froh, diese Worte nicht zu\nhören» — «A., willst du mit Samsas Traum noch erfolgreicher werden?\nWillst du noch mehr Platten verkaufen? Ja?!» Die Stimme meines Plattenbosses\npreist mir durch die Hörermuschel meinen eigenen Erfolg, wie ein Fischverkäufer\nAale auf einem Wochenmarkt an. Angst macht mir in solchen Augenblicken\nausschließlich die risikofreudige Selbstsicherheit und die meiner\nLeistungsfähigkeit# entgegengebrachte Ignoranz, die mir Sätze wie «Sicher,\nkein Problem, wir verwirklichen alle Pläne, so kurzfristig sie auch gefasst\nsein sollten» über die Lippen gleiten lässt. Ich habe festgestellt,\ndass es sich bei diesem Leben im Allgemeinen, bei all seinen Problemen,\nihren Lösungen, ihren Ursachen und den Auswirkungen diverser Handlungen\nlediglich um eine Folge von logischen Zusammenhängen handelt. Wenn ich A\nausführe, wird B passieren; wenn ich C unterbinde, wird D niemals geschehen.\nMan kann dieses Spiel das ganze Alphabet hinauf und hinunter kreuz und quer\ndurchspielen. Hierbei handelt es sich um keine Annahme, sondern um eine\nTatsache, die nicht nur das Phantom der Angst fast völlig verblassen lässt,\nsondern dir auch dabei hilft, die Natur etlicher Gedankenverkettungen zu\ndurchschauen. Das eigene Leben, sogar der eigene Kopf verwandelt sich durch\ndieses Denkmodell in ein Schachbrett, auf dem man seine Taten wie Figuren\nbewegt und man bewegt sowohl die weißen, als auch die Schwarzen Figuren.\nAngst hingegen ist ein Zustand, in dem man der Fähigkeit, bewusst in die\neigene Geschichte einzugreifen, beraubt wurde, oder sich freiwillig hat\nberauben lassen. Ich hatte das Glück, dass ich vor der Blütezeit dieser\nEntwicklung komplett zerstört wurde und für mich nur noch die Wahl zwischen Tod\nund Leben stand, mir die Entscheidung also ziemlich leicht gemacht wurde.\nVielleicht habe ich einfach nur darauf gewartet, dass mein Leben endlich auf\nzwei Richtungen reduziert werden würde, die mir nicht immer eindeutig sichtbar\nvor den Augen lagen\n…dies ist das Ende des Alptraums, der dein Leben ist…\nZusammenfassend würde ich sagen, — und ich betrachte diesen Satz als\nWiedergutmachung für das, was mir unter anderem von mir selbst angetan wurde —\ndass Angst kein Bestandteil meines Lebens mehr ist |